Die Winterruhe/Hibernation
Die Winterruhe ist für alle Schildkrötenarten, welche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet aufgrund der klimatischen Verhältnisse ruhen müssen, eine Pflicht.
Der gesamte Organismus dieser Reptilien hat sich in der Jahrtausende währenden Entwicklung auf genau diese Verhältnisse eingestellt. Daher sind wir, wenn wir diese Tiere artgerecht pflegen wollen, zur möglichst genauen Simulation dieser Klimabedingungen verpflichtet.
Je nach der gepflegten Art, ist eine Winterruhe (Hibernation) bei ca. 5 - 9 °C.
(4°C kann für einige Arten schon zu kalt sein und viele Tiere hibernieren schon ohne Probleme bei 9 Grad) in entsprechend kühlen Kellerräumen oder in einem separaten Kühlschrank oder eine verminderte Aktivitätsphase bei ca. 10°C-15°C erforderlich.
Je nach der gepflegten Art, unterscheidet man bei einer Winterruhe Hibernation (Starre) oder verminderte Aktivitätsphase. Die Hibernation ist eine Ruhephase bei der aufgrund der Kälte sämtliche Stoffwechselfunktionen stark herabgesetzt sind.
Hibernation halten Arten wie z.B. Emys orbicularis, Trachemys scripta elegans, Graptemys ssp.
Arten wie z.B. Chrysemys picta dorsalis, Pseudemys nelsoni, Pseudemys peninsularis halten eine verminderte Aktivitätsphase.
Eine Winterruhe sollte in unseren Breiten aufgrund der klimatischen Verhältnisse niemals im Freiland stattfinden!
Die Temperaturschwankungen sind hier zu stark. Durch diese Schwankungen, durch die der Organismus der Schildkröte immer wieder kurz aktiviert wird, kann es bei den Tieren zum Kreislaufzusammenbruch kommen.
Damit die Tiere die Winterruhe auch im Haus gut überstehen, ist allerdings eine sorgfältige Vorbereitung erforderlich.
Der erste Vorbereitungsschritt, egal ob Hibernation oder verminderte Aktivitätsphase, ist im Spätsommer (ca. August/September) ein Besuch beim schildkrötenerfahrenen Tierarzt. Bei diesem Besuch wird das Tier sowie eine Kotprobe untersucht.
Nur gesunde Tiere dürfen "eingewintert" werden!
Hat der Tierarzt das Tier zur Winterruhe "frei gegeben", steht der weiteren Vorbereitung nichts mehr im Wege.
Hält man die Tiere ganzjährig im Aquarium wird hierfür von September bis November allmählich die Temperatur und Beleuchtungsdauer verringert. Je nach Art sollte im November eine Temperatur von ca. 15°C sowie eine Beleuchtungsdauer von ca. drei bis vier Stunden erreicht werden. Da 15°C im Aquarium oft nicht erreicht werden können, wenn das Becken in einem Wohnraum steht, ist es unter Umständen erforderlich, ein kleineres Übergangsbecken in einem kühleren Raum, z.B. Schlafzimmer stehen zu haben. Hierfür kann auch eine Mörtelwanne benutzt werden, die man günstig im Baumarkt erhält. Bei Tieren, die nur eine verminderte Aktivitätsphase machen, ist hier oft schon die "Ruhetemperatur" erreicht. Die Tiere sollten sich jetzt sehr ruhig verhalten und nur noch wenig bis gar nichts mehr fressen.
Wichtig: Das Füttern wird erst dann eingestellt, wenn die Schildkröten von sich aus kein Futter mehr annehmen! Solange die Tiere noch fressen sollte auch ca. drei bis vier Stunden am Tag die Beleuchtung angeschaltet werden, damit sie sich auf "Betriebstemperatur" bringen können, um das Futter noch zu verdauen.
Die Schildkröten sollten jedoch, bevor die Beleuchtung endgültig ausgeschaltet wird und sie in den Überwinterungsbehälter kommen, ca. zwei Wochen keine Nahrung zu sich genommen haben, damit im Darm keine Nahrungsreste verbleiben. Diese können sich dann unter Umständen zersetzen und die Schildkröte dadurch krank werden.
Auch reicht es, die Tiere ein bis zwei Wochen vor der eigentlichen Hibernation zu wiegen. Während der Ruhe sollte man dieses dann unterlassen, um die Schildkröten nicht unnötig zu stören und unter Stress zu bringen.
Bei Arten, welche eine Hibernation bei ca. 4°C-6°C benötigen, kann man die Tiere auch direkt vom Aquarium in eine geeignete Überwinterungsbox setzen. Diese sollte aus einem nicht oxidierenden Material, z. B. aus Plastik, bestehen. Die Box sollte ausreichend groß sein, dass die Schildkröten sich noch gut umdrehen können. Außerdem sollte ein Deckel mit ausreichend großen Lüftungslöchern einen Luftaustausch ermöglichen.
In der Box sollte das Wasser so hoch sein, dass der Panzer der Schildkröte bedeckt ist, sie aber problemlos durch einfaches Hochstrecken des Kopfes Luft holen kann. In dieser Box sollte man das Wasser dann innerhalb von wenigen Tagen auf die Temperatur von ca. 6°C-8°C herunterkühlen, dann kann man sie in einen separaten Kühlschrank stellen.
Achtung: Bitte keine extremen Temperaturunterschiede produzieren!
Die Temperatur sollte allmählich, Grad um Grad, verringert werden.
Während der Hibernation ist ein gelegentlicher Platzwechsel in der Box normal. Solange das nicht täglich bzw. wöchentlich passiert und das Tier nicht dauerhaft komplett ausgestreckt im Wasser steht und den Kopf über der Oberfläche hat, ist dieses nicht bedenklich.
In der Regel hibernieren Schildkröten mit eingezogenem Kopf und eingezogenen Beinen, die Augen sind dabei meistens geschlossen. Trifft dies nicht zu, sind die Temperaturen zu überprüfen und das Verhalten sollte aufmerksam beobachtet werden. Dauert dies an ist ein Abbruch der Hibernation zu erwägen.
Die Dauer der Winterruhe oder verminderten Aktivitätsphase hängt maßgeblich von der gepflegten Art ab.
Die Auswinterung erfolgt im Prinzip ebenso wie die Einwinterung. Allmählich wird die Temperatur in den Überwinterungsboxen wieder erhöht. Innerhalb von einigen Tagen wird die Temperatur der im Aquarium angepasst. Sobald die Schildkröten wieder aktiver werden, kann man sie zurück ins Aquarium setzen.
Hier sollte der Wasserstand für die ersten Tage noch reduziert werden, da die Tiere zum Teil noch träge sind, und unter Umständen nicht schnell genug zum Atmen an die Wasseroberfläche gelangen.
Sind die Schildkröten wieder im Aquarium, kann man auch die Beleuchtung wieder zuschalten. Die Beleuchtungsdauer kann hierbei bei ca. 3 Stunden anfangen und sich allmählich bis zur Dauer der Tageslänge steigern. Sobald die Schildkröten dann etwas aktiver sind, sollte man das erste Futter anbieten. Dieses sollte am Anfang leichter verdauliche tierische Nahrung sein.
Hat man Schildkröten, die den Sommer über im Teich verbringen, ist die Einwinterung oft leichter. Die Tiere können, je nach Art, solange im Freiland bleiben, bis sie sich aufgrund der verminderten Temperaturen und Tagesdauer selber einwintern. (Der Teich sollte aber flache Uferzonen und Kletterhilfen haben, damit die schon trägen Tiere noch zum Atmen an die Oberfläche gelangen können.)
Hierbei ist im Herbst ein genaues Beobachten der Tiere nötig um zu erkennen ab wann sie zugefüttertes Futter in Form von Fisch etc. nicht mehr annehmen.
Es ist unbedingt wichtig, darauf zu achten, dass die Schildkröten zwei Wochen nichts mehr gefressen haben. Aus dem Teich werden sie vor dem richtigen Kälteeinbruch dann direkt in den Kühlschrank oder einen geeigneten kühlen Raum übersiedelt.
Beim Herausnehmen aus dem Teich sollte man schnell und zügig arbeiten. Die Tiere müssen sofort in die - auf Außentemperaturen gebrachten - Wasserbehälter überstellt werden, um zu vermeiden, dass die Tiere durch längeres Tragen oder gar Wiegen und Messen direkt vor der Ruhe noch einmal aufwachen. Ist das Tier erst einmal wach und konnte sich etwas erwärmen, kann das Tier so wach sein, dass es danach nicht mehr zur Ruhe kommt.
Es kam auch schon vor, dass Tiere nach zweiwöchigem Hibernationsversuch ausgewintert werden mussten, da sie beim Überführen aus dem Teich aufgewacht waren. Wache Tiere sollte man keines Falls zwangshibernieren.
Hat man Schildkröten, die nur bis Ende August/Anfang September Freiland bleiben können, dann benötigt man ein Übergangsaquarium und verfährt von dort genauso wie oben beschrieben.
Anmerkung zum Kühlschrank:
Dieser wird empfohlen, da man hier am Besten die Temperatur konstant regeln kann. Der Kühlschrank sollte jedoch z. B. mit Wasserflaschen gefüllt sein, um diese Konstanz noch zu verbessern. Die Türen sollten ca. zweimal pro Woche kurz geöffnet werden, damit ein Luftaustausch stattfinden kann, und man das Tier kurz kontrollieren kann. Dabei sollte das Licht des Kühlschranks nicht angehen.
Um die Temperatur gezielter kontrollieren und steuern zu können, kann man auch ein Thermostat, z. B. ein UT 200 verwenden. Die Temperatur sollte täglich kontrolliert werden, um ein evtl. Ansteigen der Temperaturen sofort zu bemerken und gegensteuern zu können.
Auch der Wasserstand ist hierbei zu kontrollieren und bei Verdunstung (diese kann bei neueren Kühlschränken durchaus vorkommen) sollte aus den vorgekühlten Flaschen das Wasser in der Box aufgefüllt werden. Bei dieser Gelegenheit kann man kurz ein Bein des Tieres berühren um die Reaktion zu prüfen. Ist diese nur Sekunden verzögert ist mit dem Tier alles in Ordnung.
Fallen bei diesen seltenen Kontrollen gravierende Dinge wie z. B. Schimmel, stinkendes Wasser, Kot im Wasser oder gravierende Veränderungen an den Augen oder dem Maul auf, so ist das Tier unverzüglich auszuwintern. Dann sollte es langsam über drei bis vier Tage hinweg erwärmt und einem schildkrötenerfahrenen Tierarzt vorgestellt werden. Zur Diagnose ist es wichtig, dass das Tier zumindest mäßig aktiv ist.
Auf Wiegen und Messen während einer Hibernation sollte man möglichst verzichten, ebenso auf regelmäßige Wasserwechsel in den Boxen. Dadurch würden die hibernierenden Tiere nur unnötig gestresst und könnten durch zu langes Hantieren aus der Winterruhe aufwachen.
Bei weiterführenden Fragen können Sie sich gern mit uns in Verbindung setzen.