Muss es eine Wasserschildkröte als Haustier sein ???
Ist es Ihnen nicht auch schon einmal passiert, dass Sie im Zoofachgeschäft in der Aquarienabteilung an einem Becken mit diesen süßen, kleinen Wasserschildkröten vorbei geschlendert sind und sich dabei überlegt haben, ob so was nicht mal ein „etwas anderes“ Haustier für Sie wäre ?
Fragt man dann einen Angestellten, wird einem oft erzählt, dass „die“ schon nicht so groß werden, minimal im Zeitaufwand sind, die Pflege einfach ist und mit etwas Zubehör „kann“ man die Tiere problemlos halten.
Die Realität sieht leider ganz anders aus, nicht umsonst werden so viele Wasserschildkröten jedes Jahr in öffentlichen Teichen „entsorgt“, sterben elendig an Krankheiten oder dümpeln in nicht artgerechter Haltung vor sich hin.
Mittlerweile stehen einige Arten unter Schutz bzw. sind meldepflichtig.Aber auch unsere heimische Fauna steht unter Schutz! Die Gefahr heißt `Wasserschildkröte´ und ihr Hunger ist so groß, dass sie Fauna und Flora immensen Schaden zufügt.
Setzt man eine Wasserschildkröte aus, so macht man sich also nicht nur der Tierquälerei strafbar, sondern auch der Faunenverfälschung!
Deshalb sollten Sie sich vor der Anschaffung über einige Sachen im Klaren sein:
- eine Information über die Bedürfnisse und Gewohnheiten der Wasserschildkröten sollte vor der Anschaffung erfolgen und gründlich überdacht werden.
- zu einer artgerechten Ausstattung gehören: ein großes Aquarium (je nach Art mindestens ab 200 l für ein Einzeltier), ein leistungsstarker, voluminöser Filter, ein Heizstab und entsprechende Beleuchtung (HQI Stahler, evtl. zusätzlicher Wärmestrahler und UV-Strahler). Bedenken Sie dabei, dass das gefüllte und eingerichtete Becken auch ein entsprechendes Gewicht hat, nicht jede Decke/ Boden hält das aus!
- das Becken benötigt zusätzlich eine Sonneninsel, die über eine Rampe erreichbar sein muss, da die Schildkröten zwischendurch auch mal vollkommen abtrocknen müssen, um durch die Wärme der Lampen „auf Betriebstemperatur“ zu kommen und u.a. mit Hilfe der speziellen Beleuchtung ihren Vitaminhaushalt regeln. Bei der Haltung von Schildkrötenweibchen bedarf es einem Eiablageplatz (entsprechend nach Art der Tiere), denn auch einzeln gehaltene weibliche Tiere legen Eier, wenn auch unbefruchtete. Eine Legenot endet nicht selten tödlich.
- Wasserschildkröten brauchen eine abwechslungsreiche Ernährung, die handelsüblichen Pellets sind dafür nicht ausschließlich geeignet. Je nach Art sollte Fisch (Forelle, Stinte), Krebse und anderes Getier gegeben werden. Dazu kommt auch noch pflanzliche Kost (verschiedene Salate, Kräuter, Wasserpflanzen, Löwenzahn, etc.) Bei einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Kost sind Vitaminpräparate nicht erforderlich. Diese können auch überdosiert werden und somit zu Vergiftungserscheinungen führen. Für den Kalkbedarf sollte Sepiaschulp oder gekochte Eierschale mit ins Wasser gegeben werden.
- Wasserschildkröten sind keine Kuscheltiere. Die meisten Arten werden nicht zahm und sie sind auch generell nicht dazu geeignet, sie „frei“ laufen zu lassen, herumzutragen usw. Außerdem können sie bei guter Pflege bis zu 40 Jahre oder noch älter werden!
- Falls Sie in Urlaub fahren, haben Sie jemand, der sich um die Tiere kümmern kann und sich auch mit der Technik des Beckens auskennt?
- Wasserschildkröten sind zeitaufwändig, nicht unbedingt was die Tiere selbst angeht, sondern eher die Pflege und Wartung des Beckens und des technischen Geräts. Außerdem überlegen Sie sich, dass auch einige Kosten durch die Stromversorgung und den häufigen Wasserwechsel entstehen!
- Nicht jeder Tierarzt kennt sich mit Reptilien aus, d.h. vorher informieren, ob es einen in der Nähe gibt, ansonsten müssen längere Anfahrtswege in Kauf genommen werden!
- Wasserschildkröten werden meist 5 Mark Stück groß im Zoofachhandel angeboten, aber die bleiben nicht so klein! Wo anfangs ein kleineres Aquarium ausreichend ist, fehlt oft nach einigen Monaten schon der Platz. Die meisten Arten erreichen eine Panzerlänge zwischen 15 – 30 Zentimetern, manche auch mehr. Da muss dann schnell ein größeres Becken her, da die Tiere nicht nur baden sondern frei schwimmen möchten! Deshalb ist es besser, sich gleich ein großes Aquarium anzuschaffen und den Wasserspiegel mit dem Wachstum an zu heben.
- Die meisten Wasserschildkröten benötigen (je nach Art) entweder eine kalte oder eine warme Winterruhe um den Organismus zu regenerieren. Eingewintert werden natürlich nur gesunde Tiere. Evtl. den schildkrötenerfahrenen Tierarzt konsultieren. Die Winterruhe ist für viele Arten eine Haltungsbedingung! für ein gesundes und langes Schildkrötenleben.
- Wasserschildkröten sind für die Teichhaltung nur sehr bedingt geeignet. Eine ganzjährige Teichhaltung kommt nur für sehr wenige Arten in Frage. Ein Teich mit Frühbeet oder ein Gewächshausteich ist für die meisten Arten unerlässlich.Über eine Teichhaltung sollte man sich grundsätzlich sehr genau informieren. Was in den Zoofachgeschäften oftmals als „Teichschildkröte“ angeboten wird, würde nicht mal das 1. Jahr im Teich überleben!
- Wasserschildkröten brauchen nicht unbedingt einen gleichartigen Partner um glücklich zu sein. In der Natur sind diese Tiere zumeist Einzelgänger, die sich jeweils nur zu Paarungszeiten treffen, oder aber zum Sonnenbad an einer gut geeigneten Stelle. Ein Sozialverhalten weisen diese Tiere nur sehr bedingt auf. Somit kann es durchaus zu Streitigkeiten kommen, die aufgrund der Platzverhältnisse in Gefangenschaft oftmals zu Verletzungen oder Verlust von Gliedmaßen führen können – nicht selten zum Tod! Eine Gruppenhaltung sollte deshalb sehr genau überdacht werden! Wenn überhaupt eine Gruppe, dann sollte diese aus ungefähr gleich großen Tieren bestehen und nie mehr männliche als weibliche Tiere aufweisen – natürlich sollte auch ein entsprechend großes Becken zur Verfügung stehen.
Auf keinen Fall sollten Tiere versch. Arten eine Gruppe bilden. Einerseits wegen der unterschiedlichen Ansprüche, andererseits aufgrund der fehlenden bzw. sehr eingeschränkten Fähigkeit zur „Kommunikation“ der Tiere versch. Arten untereinander.
- Einige Arten stehen heute schon unter Artenschutz, bzw. sind meldepflichtig und es werden da noch viele dazu kommen! Deswegen erkundigen Sie sich vor der Anschaffung darüber, da die entsprechende Papiere oder Belege bei der Behörde vorgelegt werden müssen.
Zuständige Ansprechpartner findet man zumeist bei der Unteren Landschaftsschutzbehörde oder beim Regierungspräsidium.
Wir möchten Sie mit diesem Text nicht schockieren oder Ihnen den Spaß an diesen Tieren verderben. Sie sollen sich nur darüber im Klaren sein, was im Falle einer Anschaffung auf Sie zukommt. Leider sind die Informationen, die man in Zoofachgeschäften erhält oft nicht ausreichend, wenn nicht sogar mangelhaft, da es dort meistens nur darum geht Geld zu verdienen. Was danach passiert interessiert kaum. Am Ende gibt es oft eine Schildkröte mehr die ihr Leben ausgehaucht hat, im Dorfteich ihre Runden dreht oder bei Tierschützern abgegeben wird.
Deswegen fragen Sie auch erst mal bei Tierschutzvereinen, Tierheimen oder Auffangstationen nach. Dort gibt es auch Wasserschildkröten, die ein neues Heim suchen. Vor allem unterstützen Sie damit nicht noch die "Vermehrung" zum Handel oder sogar den Import von Wildfängen !
Denn für jedes aus der Zoohandlung gekaufte Tier, kommt wieder ein Neues nach !
Egal ob Wasserschildkröten oder andere Tierarten, sobald wir sie anschaffen, haben wir auch die Verantwortung dafür zu tragen!!!
Falls Sie Fragen haben oder Beratung wünschen, setzen Sie sich mit uns in Verbindung, wir helfen Ihnen gern!