Eine Rotwangenschmuckschildkröte erzählt aus ihrem Leben.
Ihr Schicksal gilt stellvertretend für viele Schildkröten .....
Hallo,
ich bin eine Wasserschildkröte. Von uns gibt es viele verschiedene Arten.
Die Menschen gaben meiner Art den Namen Rotwangenschmuckschildkröte.
Ich weiß nicht, wie alt ich mittlerweile bin.
Vielleicht 10 Jahre, vielleicht 20 Jahre, vielleicht noch älter. Aber ich weiß, dass ich in
meinem Leben schon sehr viel durchmachen musste und der Unwissenheit und Faulheit der
Menschen ausgeliefert war.
Deshalb möchte ich euch meine Geschichte erzählen:
Viele von meinen Artgenossen leben in freier Natur in Amerika und genau dort bin auch ich geboren. Aber ich kenne die Freiheit nicht. Ich kam auf einer Schildkrötenfarm zur Welt, wo mein Ei, wie viele Tausend andere Eier auch, in einem Brutapparat ausgebrütet wurden.
Nachdem ich aus meiner Eierschale geschlüpft war, kamen Menschen und steckten mich zusammen mit vielen anderen Schildkrötenbabys in Kisten. Darin war es so kalt, dass wir in eine Art Schlaf gefallen sind. Wir hatten weder Durst noch Hunger und unsere Herzen schlugen nur noch ganz langsam.Dann begann eine lange Reise, die uns in verschiedene Länder führte. Die Kiste, in der ich mit vielen meiner Artgenossen saß, kam nach Deutschland in eine Zoohandlung. Dort sollten wir verkauft werden, doch die Meisten von uns hatten die Strapazen dieser langen Reise nicht überlebt.
Ich war am Leben und zum ersten Mal durfte ich im Wasser schwimmen. Aber ich hatte keine Möglichkeit wo ich mich aufwärmen, sonnen und trocknen konnte. Leider war der Platz sehr klein und einige meiner Artgenossen kamen damit nicht klar. Sie begannen sich zu streiten und zu beißen und ein paar sind deshalb gestorben.
Eines Tages kamen Menschen in die Zoohandlung, sahen uns und haben sich wohl sofort in uns verliebt. Keine Kunst, denn wir waren wirklich niedlich klein und hatten einen hübschen grünen Panzer.
Irgendwann wurde auch ich verkauft und kam in ein neues Heim. Man setzte mich in eine kleine Wanne mit Wasser, einer Plastikpalme und stellte mich ans Fenster. Das fanden die Menschen schön und ausreichend für mich. Da ich einen guten Appetit hatte und immer größer wurde dauerte es nicht lange bis mir die Wanne zu klein wurde. Da verdrehten die Menschen zum ersten Mal die Augen und beklagten sich, weil sie nun ein großes Aquarium für mich kaufen mussten.
Da ich älter wurde, hat sich auch meine Panzerfarbe verändert und aus dem Grün wurde bald ein Braun. Das fanden die Menschen nicht mehr hübsch. Ich war in ihren Augen auch nicht mehr „süß und klein“. Wie sollte ich auch? Schließlich war ich mittlerweile eine halberwachsene Schildkröte geworden.
So vergingen die Jahre und ich wurde weiterhin immer größer und natürlich habe ich auch entsprechend viel Dreck gemacht. Da verdrehten die Menschen zum zweiten Mal die Augen und beschlossen, dass sie mich nicht mehr haben wollten. Ich war ihnen lästig geworden.
So kam es dann, dass sie mich eines Tages im Winter in einen Eimer gesteckt haben und mich fortbrachten. Sie überließen mich meinem Schicksal und setzten mich einfach im nächsten Weiher aus. Sie waren der Meinung, dass ich schon klar kommen würde, schließlich wäre ich ja ein Wildtier. Dumme Menschen!
Es war Winter, es war kalt draußen und ich fand keine Nahrung. Eigentlich halte ich um diese Jahreszeit Winterruhe, die für meine Gesundheit sehr wichtig ist. Aber selbst im Sommer hätte ich Probleme gehabt. Ich hätte die Tiere und Pflanzen fressen müssen, die hier unser Artenschutz stehen.
Auf der Suche nach Nahrung lief ich los. Meine Füße wurden ganz wund und mein Bauchpanzer bekam viele Verletzungen, weil ich auch über Straßen gelaufen bin, die für mich sehr hart sind. Ich weiß nicht wie lange ich unterwegs war – Tage oder Wochen?
Eines Tages hatte ich Glück und bin einem Schildkrötenfreund begegnet. Als er mich sah hat er die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und war ganz traurig. Er brachte mich zum Reptilientierarzt. Da sich nur wenige Tierärzte mit Reptilien auskennen, musste mein Retter sehr weit fahren um mich fachkundig behandeln zu lassen. Aber er hat es gerne getan.
Ich hatte eine schlimme Lungenentzündung und bekam viele Medikamente. Weil ich jahrelang nicht artgerecht gehalten wurde, war mein Panzer krank und meine Organe auch. Meine Lungenentzündung und die wunden Füße sind glücklicherweise ausgeheilt. Auch mein Panzer beginnt langsam wieder richtig zu wachsen. Doch meine Organe kann man nicht mehr gesund machen. Die werden für immer krank bleiben.
Heute wohne ich in einem schönen Gartenteich. Zu meinem Schutz haben meine Menschen einen Zaun gebaut.
Im Winter darf ich ins Haus um meine Winterruhe zu halten.
Ich bekomme das Futter, was für Wasserschildkröten gut ist und man sorgt sich und respektiert mich.
Ich bin mit meinem Schicksal nicht alleine.
Vielen von meinen Artgenossen geht es ähnlich oder sogar noch schlimmer. Auch meinen Verwandten, den Landschildkröten geht es oftmals schlecht.
Es wäre schön, wenn die Menschen nachdenken würden, bevor sie uns in ihr Haus holen. So bliebe vielen von uns ein Schicksal erspart, das wir nicht verdient haben. Wir sind Lebewesen!