Teichhaltung Teil 1
Allgemeines:
Nicht jede Art von Wasserschildkröten ist zur Teichhaltung in unseren Breiten geeignet. Problematisch an unserem Klima sind nicht etwa die niedrigen Temperaturen im Winter sondern vor allem die unbeständigen Temperaturen über das gesamte Jahr. Hinzu kommt, dass es in den oft sehr langen Übergangszeiten im Frühjahr und Herbst zu feucht ist und diese Jahreszeiten im Mittel viel zu wenig Sonnenstunden aufweisen. Oft ist es dann für die Schildkröten zu kalt um richtig Nahrung aufnehmen und verdauen zu können, gleichzeitig aber auch zu warm um die Körperfunktionen so weit herunter zu fahren, dass kaum noch Energie verbraucht wird (Starre). D.h. diese langen Phasen der Übergangszeiten zehren sehr an den Kräften der Tiere, was nur eine begrenzte Zeit lang gut geht.
Natürlich hängt alles auch von der klimatischen Region Deutschlands ab, in der man sich befindet. Auch gibt es in vielerlei Hinsicht Möglichkeiten, das Mikroklima am Teich positiv zu beeinflussen.
Unter anderem finden Sie zu diesen Punkten ausführliche Informationen in folgendem Buch: „Freilandanlagen für Wasser- und Sumpfschildkröten“ von Günter Kalter.
Um den Umfang dieses Merkblattes nicht zu sprengen, gehen wir nur auf die gängigsten Arten ein, die hier in Deutschland im Fachhandel und in privater Hand zu finden sind.
Die vorliegende Beschreibung kann allerdings die ausführliche Information über Temperatur-, Haltungs- und Überwinterungsansprüche zur artgerechten Haltung der einzelnen Arten nicht ersetzen!
Selbstverständlich gehört dazu auch, zunächst die genaue Art und Unterart zu bestimmen. Hierbei sei angemerkt, dass die Bezeichnungen im allgemeinen Sprachgebrauch und sogar die Kennzeichnungen in den Zoofachgeschäften in mehr als 90% der Fälle absolut nicht zutreffend sind.
Eine Übersicht:
Die gängigsten Arten lassen sich grob in 4 Kategorien einteilen:
Kategorie A:
Ganzjährige Haltung im Gartenteich
Emys orbicularis ssp. / Europäische Sumpfschildkröte
Durch starke Temperaturschwankungen im mitteleuropäischen Winter ist für die meisten gehaltenen Arten von einer Überwinterung im Freiland abzuraten, da sie zumeist aus wärmeren Gebieten Mittel- und Nordamerikas stammen. Einzig Emys orbicularis kann ganzjährig in einem Gartenteich gehalten werden, wenn das betreffende Tier aus einem der nördlichen/nördlicheren Herkunftsgebiete entstammt.Selbst dann sind etliche Vorkehrungen zwingend erforderlich damit die Starre im Gartenteich auch problemlos erfolgen kann (siehe Literatur).
Kategorie B:
Haltung im Gartenteich von Ende Frühjahr/Anfang Sommer bis in den späten Herbst
Trachemys scripta elegans / Rotwangen-Schmuckschildkröte
Trachemys scripta scripta / Gelbwangen-Schmuckschildkröte
Trachemys scripta troostii / Cumberland-Schmuckschildkröte
Chrysemys picta picta / Östliche Zierschildkröte
Chrysemys picta bellii / Westliche Zierschildkröte
Chrysemys picta marginata / Mittelländische Zierschildkröte
Sternotherus odoratus / gewöhnliche Moschusschildkröte
Emys orbicularis ssp. / Europäische Sumpfschildkröte (sofern das betreffende Tier aus einem der südlicheren Herkunftsgebiete entstammt)
Emys orbicularis aus einem der südlicheren Herkunftsgebiete, die hier genannten Trachemys, Chrysemys und Sternotherus sollten dagegen nicht unkontrolliert im Teich sondern ebenso wie die Arten aus Mittel- und Nordamerika kontrolliert in einem kalten Keller oder einem separaten Kühlschrank überwintert werden.
Eine kontrollierte Überwinterung in einem geeigneten Keller oder Kühlschrank ist im Zweifelsfall immer vorzuziehen! Hier besteht jederzeit die Möglichkeit einzugreifen wenn es notwendig ist und man hat ständige Temperatur- und Zustandskontrolle.
Im Frühjahr müssen diese Arten zunächst im Wohnraum gehalten werden, ab einer Wassertemperatur von 20° C können sie in den Gartenteich überführt werden.
Kategorie C:
Haltung im Gartenteich im Hochsommer
Pseudemys concinna concinna / Hieroglyphen-Schmuckschildkröte
Im Frühjahr und Herbst sollte diese Art zunächst im Wohnraum gehalten werden, ab einer Wassertemperatur von 22° C kann sie im Gartenteich gehalten werden.
Pseudemys concinna hat etwas höhere Temperaturansprüche, dem man Rechnung tragen sollte, indem diese Art nur im warmen Hochsommer im Gartenteich gehalten werden sollte.
Kategorie D:
Ganzjährige Innenhaltung
Pseudemys peninsularis / Peninsula-Schmuckschildkröte
Pseudemys nelsoni / Florida Rotbauch--Schmuckschildkröte
Graptemys pseudogeografica pseudogerografica / Falsche Landkarten-Höckerschildkröte
Graptemys pseudogeografica kohnii / Mississippi-Höckerschildkröte
Graptemys ouachitensis / Ouachita-Höckerschildkröte
Weitere Hinweise:
Pseudemys- und idealerweise auch die Chrysemys-Arten benötigen zusätzlich einen frühbeetartigen Überbau im Flachwasser-Land-Bereich, welcher unterschwimmbar ist und bei Bedarf mit zusätzlichen HQI-Strahlern erwärmt werden kann. Dies ist notwendig, damit den Tieren die Möglichkeit geboten wird, auch bei anhaltendem Schlechtwetter auf ihre „Betriebstemperatur“ zu kommen (für die Verdauung von Pflanzen sind mind. 26 Grad nötig). Sollten sie dies dauerhaft nicht können, ist mit Folgeschäden zu rechnen da die aufgenommene Nahrung weder richtig verdaut, noch Nährstoffe im Körper richtig verwertet werden können.
Von einer zusätzlichen Beheizung des Wassers ist abzusehen, denn unterschiedliche Temperaturen (Luft- und Wassertemperatur) können zu Atemwegserkrankungen und einer höheren Anfälligkeit für Parasiten führen, welche unter anderen Umständen besser abgewehrt werden könnten.
Obwohl die meisten der Tiere ab 20° C Wassertemperatur ins Freiland gebracht werden können, kann man im Spätsommer/Herbst die Wassertemperaturen ruhig tiefer sinken lassen bevor man die Tiere zurück ins Haus überführt. Der Grund ist ganz einfach: Trachemys, Sternotherus, Chrysemys und auch Emys halten je nach Verbreitungsgebiet und individuellem Verhalten ab bestimmten Temperaturen entweder eine verminderte Aktivitätsphase oder aber eine Hibernation (Starre).
Sinkt im Teich die Temperatur unter einen bestimmten Punkt, leiten die Tiere je nach Art früher oder später von selbst die Vorbereitung zu einer solchen verminderten Aktivitätsphase oder Hibernation ein. Wenn man feststellt, dass die Tiere wesentlich inaktiver werden bzw. bereits nichts mehr fressen, nicht mehr zu sichten sind und sich auch kaum noch sonnen, überstellt man die Tiere entweder in die vorbereiteten Boxen zur kontrollierten Hibernation oder in das, für eine verminderte Aktivität vorgesehene, Becken oder ähnliche Behältnisse.
Nach der Hibernation bzw. der verminderten Aktivitätsphase müssen die Tiere durch verlängerte Beleuchtungszeiten und ansteigende Wassertemperaturen wieder "aufgeweckt" werden.
Dies ist in einem Übergangsbecken einfacher und kontrollierter zu gestalten. Der Organismus sollte bereits wieder auf Touren sein, bevor es zurück in die Freilandhaltung geht - deshalb sollten die Temperaturen beim Zurücksetzen in den Teich höher sein als vor der Ruhephase. Würde man die Tiere im Frühling bei niedrigeren Temperaturen, als sie es im Übergangsbecken oder gar in der Hibernationsbox sind, zurück in den Teich setzen, käme es für die Tiere zu einem Schock, und das kann unter anderem auch in der Folge zu Krankheiten wie Erkältungen u. ä. führen.
Wir empfehlen, darauf zu achten, dass wir auch in den letzten Jahren wesentlich kühlere Frühjahrs- und Frühsommer-Monate hatten. Um zu eruieren ab welcher Temperatur die jeweilige Art wie lange ins Freiland kann, ist es ratsam, die Klimatabellen der Habitate auch bei dieser Entscheidung hinzu zu ziehen.
Eine regelmäßige Kontrolle der Wassertemperatur im Teich und der Temperaturen in der Sonne ist ebenso anzuraten. Die beispielhaft genannten Temperaturen sind die Mindestwerte.
Teichanlage:
Nicht jeder Teich ist für Wasserschildkröten geeignet. Ein Teich muss gewisse Randbedingungen erfüllen, um als Schildkrötenteich dienen zu können:
- Lage:
Wichtig ist, dass der Teich eine vollsonnige Lage hat und auch große Flachwasserbereiche mit wenig Wasserstand, damit sich das Wasser im Teich schneller in der Sonne erwärmt.
- Ausbruchsschutz:
Ganz wichtig für die Außenhaltung ist ein Zaun, Mauer etc. um den Teich herum.
Glatte Begrenzungen sollten in der Höhe mindestens doppelte Panzerhöhe aufweisen. Wasserschildkröten stellen sich an Hindernissen senkrecht auf, stützen sich mit den Hinterfüßen hoch und „angeln“ mit den Vorderkrallen nach einem Halt. Finden beide Vorderkrallen Halt am oberen Rand der Begrenzung, stemmt sich die Schildkröte so weit hoch, bis sie auf die anderen Seite kippt.
An griffigen Oberflächen, wie z.B. Hasendraht, einem Maschendrahtzaun oder Ähnlichem, klettern Wasserschildkröten wie an einer Strickleiter nach oben. Solche Begrenzungen sollten im oberen Teil nach innen überstehen, im Idealfall eine Abschlusskante haben, die ein gutes Stück nach innen ragt. Bitte unterschätzen Sie nicht, wie hoch Schildkröten teilweise klettern. Es besteht die Gefahr, dass die Schildkröte(n) auf Wanderschaft gehen (gerade Weibchen bei der Suche nach einem geeigneten Eiablageplatz!) und oft nicht wieder gefunden werden, auch Wasserschildkröten können größere Strecken „zu Fuß“ zurücklegen.
Uferbereich:
Für weibliche Tiere sollte auch unbedingt ein Eiablageplatz zur Verfügung stehen, in Form einer mindestens 30 cm tiefen Grube, die mit lockerer Erde oder Sand aufgefüllt wird.
Bei weiterführenden Fragen können Sie sich gerne mit uns in Verbindung setzen.